Villa Massimo Rom

(…) Der erste Stipendiat aus Leipzig nach der Wiedervereinigung ist Matthias Hoch. Das Stipendium wird ihm 1997 zuerkannt, doch Hoch kann und will den Studien- aufenthalt nicht antreten. Zum einen ist es die anstehende Generalsanierung der Gebäude, die schließlich von 2000 bis 2003 währt. Zum anderen will Hoch nicht akzeptieren, daß Sachsen den zuerkannten einjährigen Studienaufenthalt nur für ein halbes Jahr finanziell unterstützt. Sein Einspruch beim damaligen Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin hat Erfolg. Der »Fall Hoch« wird bei einer Bund-Länder-Konferenz thematisiert. Fortan steht seitens des Bunds eine zwölfmonatige Finanzierung für alle Stipendiaten an. Matthias Hoch: »Für mich war Rom ein Glücksfall. Ohne zu übertreiben, möchte ich sagen, daß ich bis heute davon zehre.« Dabei gilt es für den Fotografen bürokratische Hürden vor Ort zu überwinden. Für seine fotografischen Streifzüge durch Rom, in denen er Architektur, befreit von alltäglichem und folkloristischem Kolorit, als System von Strukturen dokumentiert, braucht er eine Genehmigung. Ein Dreibeinstativ im römischen Boden zu fixieren bedeutet hier stets, archäologischen Grund zu tangieren. Römischen Behörden scheint zudem im Genehmigungsverfahren die zeitliche Dimension fremd, immerhin aber ist man so flexibel, den ursprünglich geforderten Tagessatz von 150 Euro auf 80 Cent zu reduzieren. Die Wartezeit nimmt Hoch als Chance wahr. Er kauft kurzfristig eine Videokamera und wechselt so das Medium. Den fotografischen Arbeitsstau kann er bei späteren Rom-Aufenthalten abarbeiten. Zusammen mit dem Villa-Massimo-Stipendiaten Ingo Schulze entsteht das Buch »Orangen und Engel«. Hier tritt Hochs visuelles Notizbuch in Korrespondenz zu Schulzes literarischem Text, ohne sich dabei auf eine Illustrationsebene zu begeben.
Die römischen Bilder von Matthias Hoch gehen auf Tournee. Der Tournee-Start erfolgt am Lindenau-Museum in Altenburg, es folgen Heilbronn, Aachen und schließlich Rom. Das Rom-Stipendium hat Matthias Hoch zu einer vielbeachteten Ausstellungs-präsenz verholfen. (…)

aus: Hans-Werner Schmidt, Die Villa Massimo in Rom - eine Leipziger Adresse? in: Leipziger Blätter, Heft 74/2019, S. 82-85 → pdf

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